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Workshop "Bild & Text"

Im Historischen Museum am Hohen Ufer Hannover befindet sich heute ein Blatt, das als Sonderfall der vielfältigen Verschränkungen von Text und Bild im Porträt gelten darf. Es handelt sich um ein Porträt von Herzog August d.J. von Braunschweig-Wolfenbüttel (1579-1666) von der Hand Heinrich Julius Willershausens, der von 1645 bis 1670 als Kammerschreiber am Wolfenbütteler Hof tätig war. Mit wenigen Ausnahmen sind die Konturlinien, die den Herzog, Buch und Schreibgerät sowie den Engel mit dem Dichterlorbeer formen, aus Schrift, genauer aus Psalmenversen gebildet. Als Vorlage diente Willershausen eine Zeichnung des Herzoglichen Hofmalers Albert Freyse, nach der auch Jonas Suyderhoff um 1646 einen Kupferstich anfertigte.
Dieses Porträt, das den Anschein erwecken könnte, es sei die Horaz’sche Formel ut pictura poesis („wie ein Bild sei das Gedicht“) vom Künstler allzu wörtlich genommen worden, ist ein frühes Beispiel für die als ‚Mikrographien‘  bezeichneten, einstmals beliebten medialen Hybridbildungen, als deren bekanntere Vertreter die barocken Figurengedichte gelten dürfen1.

Als Autorenporträt und mit seiner bemerkenswerten Schwellenposition zwischen bildgewordenem Text und textgewordenem Bild fasst Willershausens Darstellung jene Gegenstände zusammen, die im Zentrum des ersten Workshops des MWW-Forschungsprojektes Bildpolitik – Das Autorenporträt als ikonische Autorisierung stehen. Unter dem Titel „Bild und Text“ werden am 12. und 13. März Forscherinnen und Forscher aus Kunstgeschichte und Literaturwissenschaft in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel ihre Untersuchungen zu Formen, Funktionen und Geschichte des Autorenporträts im Zusammenhang mit Text-Bild-Relationen vorstellen.

link zum Programm:
http://www.mww-forschung.de/forschungsprojekte/bildpolitik/veranstaltungen/?menuopen=1

1Siehe dazu Friedrich Polleroß. „Schrift-Bilder. Zum Werk des Mikrographen Johann Michael Püchler d. J. (1679-1709)“. Beständig im Wandel. Innovationen – Verwandlungen – Konkretisierungen. Festschrift für Karl Möseneder zum 60. Geburtstag. Hg. v. Christian Hecht. Berlin, 2009, 261-281; Jeremy Adler u. Ulrich Ernst. Text als Figur. Visuelle Poesie von der Antike bis zur Moderne. Wolfenbüttel, 1987.

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