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Die Lehre des westafrikanischen Stachelschweins

Was haben Twitter-Analysen, Hochspannungsphysik, virtuelle Wunderkammern und Inhaltsregulierung im Internet gemeinsam? Zumindest eines: Alle diese Themen waren Gegenstand von Projekten des Forschungsverbundes „Digital Humanities“, zu dem neben Einrichtungen des Göttinger Research Campus auch die Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel gehörte.

In dem DH-Verbund, der vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur gefördert wurde, arbeiteten Historiker, Philologen, Politologen und Soziologen mit Informationswissenschaftlern und Programmierern zusammen, um ihre Forschungsfragen mit Ansätzen und Methoden der Digital Humanities zu lösen. Außerdem etablierte der Forschungsverbund ein DH-Lehrprogramm an der Universität Göttingen.

Kein Weg zurück

Nach  Ende der dreijährigen Förderdauer wurde im Rahmen der Konferenz „#Digital Humanities in der Praxis“, die am 1. Juni 2015 in der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen stattfand, Rückschau gehalten. Dabei zeigte sich nicht nur, wie vielfältig in thematischer und inhaltlicher Hinsicht der Verbund war. Deutlich wurde auch, wie durch Kooperation über Fachdisziplinen hinweg innovative Lösungen für Forschungsvorhaben, die auf digitalen Daten basieren, gefunden werden können.

Zwar hatte sich der DH-Forschungsverbund entschlossen, keine eigene virtuelle Forschungsumgebung aufzubauen. Dennoch wurde auf der Konferenz natürlich ausgiebig über das Verhältnis von geisteswissenschaftlicher Forschung zu digitaler Infrastruktur diskutiert. So betonte der Literaturwissenschaftler und Göttinger Professor Gerhard Lauer, dass Digital Humanities ohne digitale Infrastrukturen nicht möglich seien, der Aufbau solcher Infrastrukturen ohne Kontakt zur Forschung aber auch nicht zielführend sei.

Einig waren sich die Teilnehmer darin, dass der Einfluss der Digital Humanities auf die Forschung unumkehrbar ist. Zugleich vertraten sie einhellig die Meinung, dass die Digital Humanities die jeweiligen Spezifika der Einzelfächer berücksichtigen müssen.

Modellhaftes Zusammenspiel

Die  Ausführungen des Göttinger Informationsarchitekten Fabian Kremer und des Informatikers Oliver Schmitt erläuterten das modellhafte Zusammenspiel und die Koordination von Forschern und Digital Humanists im DH-Verbund. Die Ergebnisse der vorgestellten Einzelprojekte zeigten die Vorteile dieser Zusammenarbeit auf.

Diese positive Bewertung lässt sich auch durch die Erfahrungen in den MWW-Projekten bestätigen. So erleichtern die Digital Humanties im Rahmen des Forschungsprojekts Autorenbibliotheken die Erschließung von frühneuzeitlichen Gelehrtenkatalogen, indem vorhandene bibliographische Metadaten nachgenutzt werden.

Neue Wege für die Forschung

Zugleich wurde in Göttingen deutlich, wie wichtig die Kommunikation und das gegenseitige Verständnis für die jeweils andere Disziplin und deren Arbeitsweisen sind. Gleiches gilt für ein nachhaltiges Forschungsdatenmanagement. Das beginnt bei der Erhebung der Forschungsdaten und reicht über deren Auswertung bis hin zu ihrer Distribution und langfristigen Archivierung.

Da Semantic Web Technologien auch beim Aufbau des Virtuellen Forschungsraums von MWW eine große Rolle spielen werden, war die Präsentation zu den Text-Objekt-Bezügen im Projekt „Semantic Blumenbach“ von großem Interesse. In diesem Projekt wurden sowohl ausgewählte Veröffentlichungen des Göttinger Professors und Begründers der Anthropologie, Johann Friedrich Blumenbach (1752-1849), als auch Objekte aus naturkundlichen Sammlungen digitalisiert, über Metadaten erschlossen und durch semantische Beschreibungen miteinander verknüpft. Somit werden die verschiedenen Ressourcen (Text, Objekt, Bild) virtuell verbunden, was der Forschung neue Wege und Fragen an das Material bietet. Auf dem Bild oben sehen wir dies am Beispiel der Beschreibung des westafrikanischen Stachelschweins.

Fruchtbar und interdisziplinär

Im Forschungsverbund MWW wird eine ähnliche Vorgehensweise dazu führen, dass digitale Informationseinheiten, die bislang als disparat angesehen wurden, gemeinsam repräsentierbar und bearbeitbar sind. Dazu zählen vor allem die Fach- und Spezialdatenbanken der MWW-Institutionen.

Abgerundet durch interessante Diskussionen und den Austausch von Ideen zeigte die Konferenz, wie fruchtbar das interdisziplinäre Zusammenwirken von Fachdisziplinen mit Digital Humanities sein kann – und wie viel die verschiedenen Forschungsverbünde in diesem Bereich voneinander lernen können.

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